Bei der vorliegenden Einzelfallstudie (case study) geht es um die Analyse, Durchführung und Auswertung eines Inklusionsfalls an einer Berufsschule. Die Schülerin weist eine Autismus-Spektrum-Störung auf und hat bereits an vorhergehenden Schulen massive Schwierigkeiten im System der Schule erfahren. Diese Schwierigkeiten - bedingt durch ihr Störungsbild - setzten sich an der Berufsschule fort. Die soziale Interaktion (über mehrere Stunden hinweg in einem Klassenverband) war für die Schülerin nicht zu bewerkstelligen. Somit stiegen die Fehlzeiten, und es drohte ein Ausbildungsabbruch.
Hiervon wurde folgende Forschungsfrage abgeleitet: "Was kann im Lehr-Lern-Prozess konkret verändert werden, sodass die Berufsausbildung aufgrund der Erscheinungsformen der Autismus-Spektrum-Störung nicht zum Abbruch der Ausbildung, sondern zum Gelingen führt?"
Die konkrete praktische Umsetzung an der Schule wurde im Rahmen eines inklusiven Schulentwicklungsprozesses wissenschaftlich begleitet. Am Ende konnte die oben genannte Frage mithilfe eines eigenen, selbst entwickelten Ermöglichungsmodells, das die inhaltliche Essenz der vorliegenden Arbeit widerspiegelt, positiv beantwortet werden.
Als theoretische Basis wurden hierfür theoretische Konstrukte wie das Mehrebenenmodell nach Heimlich et al. (2018) und der Prozess nach Erbring (2021) herangezogen. Qualitative Methoden wie die Grounded Theory, die Aktionsforschung und die Einzelfallstudie dienten dazu, die Daten im Einzelfall zu erheben und im Lehr-Lern-Prozess der Schülerin Änderungen vorzunehmen, um eine Entlastung der Schülerin in Bezug auf das berufliche System zu ermöglichen.
Das Ergebnis zeigt, dass die Ausbildung auch nach anfänglichen schwerwiegenden Problematiken doch noch erfolgreich abgeschlossen werden kann, wenn eine Haltung der Inklusion und sozialen Teilhabe mittels Einzelbegleitung und Antidiskriminierung implementiert werden: Es ist durchaus möglich, "das Ruder noch herumzureißen".
Das hier entwickelte Modell könnte auch in anderen Feldern angewendet werden, z.B. im Arbeitsmarkt in den jeweiligen Betrieben, wo es durch gewisse Abwandlungen umgesetzt werden kann. Ob eine solche Generalisierung des entwickelten Modells tatsächlich gegeben ist, müssen weitere Forschungen zeigen.