1923, vor nunmehr 100 Jahren, erschienen als Band 9 der AV
"Kleinen revolutionären Bibliothek" im Berliner Malik Verlag
Lukács' Studien über marxistische Dialektik unter dem Titel
Geschichte und Klassenbewußtsein. Schon bald wurde das
Buch zum Klassiker des Westlichen Marxismus und wirkte
als Ideengeber und Inspirationsquelle der kritischen Theorie.
Es war sofort Gegenstand heftigster Kritik (vor allem
orthodoxer Marxisten) wie größter Bewunderung (etwa der
Ernst Blochs und des jungen Adorno). Lange Jahre wurde
es nicht wieder gedruckt (es sei denn als Raubdruck), aber
dennoch immer wieder neu entdeckt, so seit den 1950er
Jahren von Maurice Merleau-Ponty und Lucien Goldmann
in Frankreich, im Zuge der 68er Bewegungen dann auf der
ganzen Welt. Lukács wurde - nolens volens - mit Geschichte
und Klassenbewußtsein zum einflussreichsten Theoretiker
der internationalen ,Neuen Linken'.
In dieser Faksimile-Edition werden erstmals die Marginalien
publiziert, die der Autor bei der Arbeit an einem Vorwort zur
1968 erfolgten Neuausgabe des Werks in sein Handexemplar
notiert hat. Die von Rüdiger Dannemann transkribierten
und kommentierten Notizen bezeugen zwar die Distanz
des späten Lukács zu seinem frühen opus magnum, aber
auch sein Bemühen, der von diesem Jahrhundertwerk ausgehenden
Faszination gerecht zu werden, das inzwischen
nicht mehr nur in Europa, sondern weltweit wirkt.
"Georg Lukács war ein Genius, einer der bedeutendsten
Geister und Erneuerer der Philosophie des 20. Jahrhunderts."
(Ágnes Heller, 1998)